Demetrescu

Paulina Mihai in der Condat-Galerie

Ein Jubileum hat an sich etwas feierliches: Paulina Mihai feiert 20 Jahre künstlericher Tätigkeit in Berlin: in einer Stadt der multikulturellen Begegnungen, ist so ein Jubileum auch bedeutungsvoll.

Paulina Mihai ist eine Malerin die in Bukarest studiert hat, in Rumänien ihren ersten großen Erfolg erlebte, die aber seit zwanzig Jahren schon in Deutschlad lebt, wo sie sich entwickelt, sogar verwandelt hat.

Diese Verwandlung hat sich in einem ganz bestimmten Sinn entwickelt: und dieser Weg – denn es handelt sich um einen WEG – möchte ich als Befreiung der Malerei bezeichnen:  Befreiung von der Natur, um die Natur selbst, die Quintessenz der Natur besser darzustellen;Verzichtung auf die Lanschaftsmalerei, nicht weil sie sich von der Natur entfernte, sondern um die äußerliche und innerliche Natur zusammen in einem Bild sichtbar zu machen. Denn, wie ein großer Philosoph des 20. Jahrhundert, Jacques Maritain, so schön sagte, hat die Enthüllung des Ichs die Darstellung der äußerlichen Schönheit in der modernen Kunst völlig ersetzt.

Paulina Mihais Malerei ist nicht leicht zu entziffern; ihre Bilder erzählen keine Geschichte, sie sind absichtlich titellos. Sie stammt aber aus einer Tradition – der rumänischen Malerei – die die Vorliebe für Farbe und für die Landschaftsmalerei entwickelt hat. Und aus dieser Tradition hat schon etwas in ihren Bildern überlebt: der Sinn für die Farbe und der Geist der Synthese: dieser Geist kann man in der ganzen Geschichte der rumänischen Kunst erkennen, und hat mehrmals zur Abstrahierung und manchmal zur Abstraktion geführt. Im modernen Sinne, ist diese Synthese und Abstrahierung in der Malerei seit der Ende des 19. Jahrhundert immer sichtbar- so könnte man die Bilder von Paulina Mihai in einer anderen Tradition, der europäischen, hineinfügen, in der das Schaffen der Realität nicht mehr synonim mit der Wiedergabe der Wirklichkeit ist. Die Befreiung des Auges war die neue Affirmation der Sichtbarkeit; so wie uns die berühmten Worte von Klee uns lehren: Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar. Und wir wissen heute daß der Auge des Künstlers ein durchaus priviligierter ist, uns die Wirklichkeit bekannt zu machen, so wie die Kunst ein bestimmter Weg zur Kenntnis ist.

Die Kraft der Bilder – die Kraft, nicht die Macht – von Paulina Mihai ist offensichtlich; und meiner Meinung nach ist eine solche Stärke eine Sondergabe in der Kunst. Diese Kraft hat nicht mit der Größe des Bildes, sondern mit dessen Monumentalität zu tun. Die Bilder von Paulina zerstören sozusagen die Mauer – und das ist eine seltsame Erfahrung – ich z.B. erlebte sie nur einmal als ich die Impressionisten in Jeu de Paume gesehen hatte.

Die Kraft der Bilder von Paulina ist Kraft der Farben und der malerischen, konkreten Materie: zusammen bilden sie die Magie la magie, so wie es so schön Diderot ernannte, die uns in der künstlerischen  Wirklichkeit hineinführt. Und vor diesen Bildern könnten wir die Stichworte von Marees sprechen Sehen lernen ist alles. Das sollten wir alle tun, das hat Paulina Mihai schon seit lange geübt denn sie war zum Sehen geboren.

Ruxandra Demetrescu
Leiterin des Rumänischen Kulturinstituts in Berlin

Rede zur Eröffnung der Ausstellung “Paulina Mihai – 20 Jahre in Berlin”
in der Condat-Galerie, Berlin, Juli 2001
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